Schwierigkeiten beim Wasserlassen, Inkontinenz, ein unangenehmer Druck im Bereich der Blase oder Schmerzen im Unterbauch: All das sind typische Senkungsbeschwerden, die auf eine Mastdarm-, Scheiden- oder Gebärmuttersenkung hinweisen können. Um bei vorliegenden Senkungen eine Besserung der Symptomatik zu erzielen, wird Frauen häufig ein Pessar in Kombination mit Beckenbodentraining empfohlen. In diesem Beitrag befassen wir uns im Detail mit der "Pessar-Therapie", stellen unterschiedliche Pessare vor und erklären deren Anwendung.
Kurz & Knapp: Übersicht zum Thema
Dieser Artikel befasst sich mitunter mit diesen Aspekten zum Thema Pessar:
- Definition: Pessare sind Hilfsmittel für Frauen mit Harninkontinenz oder Senkungsbeschwerden. Sie heben die Organe im Beckenbereich und ermöglichen so die korrekte Funktion des Schließmechanismus der Harnröhre.
- Formen: Pessare, die nicht der Empfängnisverhütung, sondern der Therapie dienen, gibt es in verschiedenen Ausführungen, beispielsweise als Ringpessar, Würfelpessar oder Schalenpessar. Bei Schwangeren kann zudem ein Cerclage Pessar zum Einsatz kommen, um beispielsweise eine verfrühte Geburt zu verhindern.
- Nutzung: Pessare werden entweder von medizinischem Fachpersonal oder von der Patientin selbst eingesetzt. Je nach Produkt und Anwendungsform müssen sie täglich herausgenommen und gereinigt werden oder können für längere Zeiträume im Körper verbleiben.
Was ist ein Pessar?
Ein Pessar ist ein funktionell-anatomisches Hilfsmittel speziell für die Frau. Die Produkte, die zumeist aus Hartgummi, Schaumstoff, Kunststoff oder Silikon bestehen, sind in unterschiedlichen Ausführungen erhältlich, auf deren Eigenschaften wir im weiteren Beitragsverlauf noch genauer eingehen. Grundsätzlich richtet sich das Pessar an Frauen, die Beschwerden, wie etwa eine Blasenschwäche, aufgrund einer Senkung der Beckenorgane erleben. Die therapeutischen Pessare werden vaginal eingeführt, wo sie den Beckenboden unterstützen und die gesenkten Organe im Bereich des Beckens anheben.
Übrigens: Der erste niedergeschriebene Hinweis auf ein Pessar ist in Mitschriften des US-amerikanischen Geburtshelfers Hugh Lennox Hodge aus dem Jahr 1860 zu finden. Er setzte starre Pessare aus Silikon oder Glas zur Behandlung einer abgeknickten oder gekippten Gebärmutter in der Schwangerschaft ein.
Die verschiedenen Typen von Pessaren
Es gibt unterschiedliche Pessartypen, die sich als medizinische Hilfsmittel bei verschiedenen Beschwerden und Schweregraden der Inkontinenz oder Gebärmutter- beziehungsweise Scheidensenkung anbieten. Nachfolgend widmen wir uns den vier gängigsten Pessararten und ihren individuellen Merkmalen:
Ringpessare
Frauen mit leichter Belastungsinkontinenz oder geringgradigen Senkungsbeschwerden können auf ein Ringpessar zurückgreifen, sofern ihr Beckenboden intakt ist. Die ringförmigen Produkte können eigenständig in die Vagina eingesetzt werden, wobei sie dann zumeist täglich herausgenommen und gereinigt werden müssen. Bringt ein Facharzt die Pessare in die Scheide ein, liegt die Tragedauer bei maximal acht Wochen.
Schalen- und Siebschalenpessare
Schalen- und Siebschalenpessare können ebenfalls selbstständig oder vom Arzt platziert werden und entsprechen in den Tragegepflogenheiten den Ringpessaren. Auch sie schließen an den Beckenboden an, weshalb ihr Einsatz an eine intakte Beckenbodenmuskulatur geknüpft ist. Sowohl das Schalen- als auch das Siebschalenpessar wird zur Therapie einer leichten Scheiden- oder Gebärmuttersenkung oder Gebärmuttervorfall eingesetzt.
Übrigens: Während das "normale" Schalenpessar eine geschlossene Oberfläche besitzt, weist das Siebschalenpessar eine Perforation auf und erlaubt somit den ungehinderten Abgang von Vaginalsekret.
Würfelpessare
Weist der Beckenboden eine eingeschränkte Stabilität auf und erleben Frauen Symptome einer mittleren bis schweren Absenkung von Uterus, Darm oder Blase, kommen Würfelpessare infrage. Diese saugen sich - anschließend an die Gebärmutter - an der Scheidenwand fest, wirken dadurch stark stützend auf die Organe und haben einen besonders guten Halt.
Keulenpessare
Frauen, die unter einer schweren Inkontinenz oder einer ausgeprägten Blasen-, Gebärmutter- oder Scheidensenkung leiden, erhalten zur Behandlung oftmals ein Keulenpessar. Dieses Pessar findet hinter dem Schambein seinen Platz und verbleibt dank verdicktem Stiel sehr zuverlässig an Ort und Stelle.
Anwendungsgebiete von Pessaren
Werfen wir einen genauen Blick auf die Umstände, unter denen eine Pessartherapie Erfolg versprechen kann:
Pessar bei Blasensenkung
Bei Senkungsbeschwerden, die auf eine Blasensenkung, aber auch der Scheide oder des Uterus zurückzuführen sind, übernimmt das Pessar eine stützende Funktion. Ein korrekt sitzendes Pessar verursacht Druck auf die Scheidenwand, wodurch sich die Organe im Becken anheben. Dadurch reduzieren sich die klassischen Symptome der Blasen-, Gebärmutter- oder Scheidensenkung, zu denen mitunter das unangenehme Druckgefühl im unteren Bauchraum gehört. Im besten Fall ist die Wirkung des Pessars so zufriedenstellend, dass das Hilfsmittel für die betroffenen Frauen eine Alternative zu einer Senkungsoperation darstellt.
Übrigens: Bei einer ausgeprägten Senkung des Beckenbodens reicht die Unterstützung durch ein Pessar oft nicht aus, sodass eine Operation manchmal nicht umgangen werden kann.
Pessare bei Inkontinenz
Nicht selten gehen Senkungen der Organe im Becken mit einer Harninkontinenz einher. Dasselbe gilt für einen schwachen oder beschädigten Beckenboden, wie er in engem Zusammenhang mit der Belastungsinkontinenz steht. Hier wirkt das Pessar gleich doppelt: Zum einen stützt es die Organe und ermöglicht so den korrekten Verschluss der Harnröhre, zum anderen trägt es zur Gewebestimulation bei und unterstützt dadurch zusätzlich die Stärkung des Beckenbodens. Sofern der Beckenboden als "Schwachstelle" und Verursacher der Inkontinenz ausgemacht wird, wird die Pessartherapie in aller Regel mit einem Beckenbodentraining kombiniert.
Pessar bei Mischharninkontinenz und Überlaufinkontinenz
Bei Mischharninkontinenz, bei der sowohl Drang- als auch Belastungsinkontinenz vorliegen, sowie bei Überlaufinkontinenz, bei der eine chronische Blasenüberfüllung besteht, kann ein Pessar helfen, den Harnfluss zu regulieren und die Blase zu entlasten.
Pessar bei Prolapse
Ein Prolapse ist der Vorfall eines Organs, etwa des Uterus, in die Vagina. Pessare können helfen, die Organe in ihrer Position zu stabilisieren und so die Symptome zu lindern.
Die Pessar Therapie
Abseits von Senkungsbeschwerden und Blasenschwäche werden Pessare bei schwangeren Frauen genutzt, um den Muttermund zu stabilisieren oder zu verschließen. Zu diesem Zweck setzen Ärzte einen speziellen Pessar-Ring, das sogenannte Cerclage Pessar, ein, zum Beispiel in Fällen, in denen der Verdacht auf eine mögliche verfrühte Geburt besteht.
Daneben können Pessare unter Umständen auch von Menschen genutzt werden, die nur in ganz bestimmten Situationen - beispielsweise beim Sport - einen tröpfchenweisen Harnverlust beklagen. Dann wird in der Regel zu den Pessarformen Ring oder Siebschale geraten. Dabei gilt: Auch bei leichten Beschwerden sollten Patientinnen das Pessar nicht ohne vorherige Rücksprache mit dem behandelnden Arzt oder Gynäkologen einsetzen.
Anleitung zum Einsatz von Pessaren
In vielen Fällen entscheiden sich Frauen dafür, das Pessar selbst einzusetzen, was bei den meisten Formen möglich ist. Vorab sollte man wissen, dass es Pessare in unterschiedlichen Größen gibt. Es empfiehlt sich daher, im Zuge eines ausführlichen Gesprächs mit dem Arzt zu erörtern, welche Form und Größe für die jeweilige Frau optimal geeignet ist. Der Arzt sollte die Anwendung des Pessars außerdem detailliert erklären und etwaige Fragen zur Nutzung beantworten. Generell werden Pessare wie folgt eingesetzt:
Schritt 1: Hände waschen
Bevor das Hilfsmittel berührt wird, müssen die Hände gründlich gewaschen werden. Schließlich soll die Pessartherapie möglichst hygienisch vonstattengehen.
Schritt 2: Gleitmittel auftragen
Zur Erleichterung des Einführens wird ein Gleitmittel auf das Pessar und/oder den Scheideneingang aufgetragen. Hier ist unbedingt auf eine gute Verträglichkeit zu achten, nicht nur in Bezug auf die Schleimhäute, sondern auch was das Material des Pessars betrifft. So kann Silikon zum Beispiel empfindlich auf ölhaltige Gleitmittel reagieren, wodurch Schäden am Pessar entstehen können.
Schritt 3: Einführen
Im Anschluss wird das Pessar wie ein Tampon in die Scheide eingeführt. Frauen, die noch keine Erfahrungen mit der Nutzung von Pessaren haben, sollten bei Bedarf unterschiedliche Positionen ausprobieren, um herauszufinden, wie das Einführen am einfachsten gelingt. Sie können zum Beispiel in die Hocke gehen, sich rücklings hinlegen oder ein Bein hochstellen. Welche Position ideal ist, ist von Frau zu Frau verschieden.
Übrigens: Es braucht gegebenenfalls etwas Übung, das Pessar korrekt zu platzieren. Im Zweifel sollten sich Frauen das Einführen vom Gynäkologen zeigen lassen.
Pflege und Wartung des Pessars
Einer der Vorteile von Scheidenpessaren ist ihre Pflegeleichtigkeit. Die Reinigung des Hilfsmittels, die bei Selbstanwendung für gewöhnlich täglich erfolgen sollte, ist relativ aufwandsarm und von Patientinnen normalerweise binnen weniger Minuten durchführbar. Trotzdem ist sie enorm wichtig, denn werden Pessare zu lange ohne Reinigung getragen, können Entzündungen entstehen. Zur Säuberung des Produkts verwendet man einfach etwas Wasser und eine milde Seife oder eine Intimwaschlotion.
Wie lange ein und dasselbe Pessar genutzt werden kann, hängt von der Form und dem verarbeiteten Material ab. An dieser Stelle sollten sich Frauen unbedingt an die Herstellerangaben halten. Stellen Sie Schäden, wie etwa Risse oder Perforationen, am Pessar fest, muss das Produkt unter Umständen sofort ausgetauscht werden.
Mögliche Nebenwirkungen
Die Behandlungsmöglichkeiten einer Blasen-, Scheiden- oder Gebärmuttersenkung sowie einer Inkontinenz mittels eines Scheidenpessars haben zwar viele Vorteile, können aber auch die ein oder andere unerwünschte Nebenwirkung mit sich bringen:
Kurzfristige Nebenwirkungen
Manche Frauen beschreiben unangenehme Gefühle beim Tragen der Pessare. Sie geben an, die Hilfsmittel deutlich spüren zu können, oder klagen darüber, dass diese ständig verrutschen. In beiden Fällen lässt sich die Nebenwirkung üblicherweise beheben, indem eine besser zur individuellen Anatomie passende Größe gewählt wird. Kurzfristig können zudem Harnwegsinfekte auftreten, die sich jedoch gut behandeln lassen.
Langfristige Risiken
Auf lange Sicht können Pessare die Schleimhaut reizen und sogar Druckgeschwüre verursachen. Erste Warnsignale hierfür sind Blutungen und Unterleibsschmerzen. Wer solche Symptome bei sich beobachtet, sollte unbedingt einen Arzt zu Rate ziehen.
Tipps zur Minimierung von Risiken
Pessare sollten eine Unterstützung - beispielsweise nach Geburten oder bei einer Harninkontinenz - sein. Damit sie nicht aufgrund unangenehmer Nebenwirkungen zur Belastung werden, sollten Frauen einige grundlegenden Tipps beherzigen. Um Infektionen vorzubeugen, sollten sie sich vor dem Einsetzen die Hände waschen, die Pessare regelmäßig säubern und den Herstellerangaben entsprechend austauschen. Viele Probleme lassen sich außerdem vermeiden, indem man sich genau über verfügbare Formen, wie etwa Ring- oder Würfelpessare, informiert und sich ärztlich beraten lässt, um die richtige Größe auszuwählen.
Übrigens: Informationen über Pessare können auch in der Apotheke eingeholt werden. Wer Fragen zu einem dort angebotenen Artikel hat, sollte sich nicht scheuen, diese vor Ort zu stellen.
Fazit zum Pessar
Als Hilfsmittel für Frauen können Pessare bei einer geschwächten Muskulatur des Beckenbodens, einer Inkontinenz oder einer Uterus-, Blasen- sowie Scheidensenkung eingesetzt werden. Die Produkte, die es in unterschiedlichen Formen und Größen gibt, sind oftmals eine gute alternative Möglichkeit zu einer Operation und können die Symptomatik - gegebenenfalls in Kombination mit Beckenbodentraining - wesentlich verbessern. Die Nutzung eines Pessars kann so die Lebensqualität von betroffenen Frauen deutlich erhöhen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Für wen eignen sich Pessare?
Pessare kommen allem voran für Frauen mit Dranginkontinenz oder Belastungsinkontinenz sowie Senkungsbeschwerden infrage.
Wo kann man ein Pessar kaufen?
Die Produkte, die der Gynäkologe verschreibt, sind bei Hilfsmittelanbietern und in Apotheken erhältlich.
Gibt es Alternativen zum Pessar?
Bei Inkontinenzbeschwerden können gegebenenfalls Einlagen, Windelhosen, Vorlagen und Co. anstelle eines Scheidenpessars genutzt werden.