Inkontinenzformen Übersicht: Alle Infos zu Symptomen, Ursachen und Behandlung

René Pläster René Pläster
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Inkontinenzformen Übersicht: Alle Infos zu Symptomen, Ursachen und Behandlung

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Wenn die Ausscheidung von Urin oder Stuhl nicht kontrolliert, sondern unwillkürlich und unfreiwillig vonstattengeht, spricht man von einer Inkontinenz. Grundlegend wird dabei zwischen der Stuhlinkontinenz und der Harninkontinenz unterschieden, die sich beide in weitere Formen untergliedern lassen. In diesem Beitrag widmen wir uns den verschiedenen Inkontinenzformen einzeln und sprechen im Detail über die zugehörigen Symptome, Ursachen und Behandlungsoptionen.

Es ist wichtig, offen über Inkontinenz zu sprechen. Es ist nichts, wofür man sich schämen müsste.
- Dr. Peter Dwyer

Auf den Punkt gebracht

  • Es gibt verschiedene Formen der Harn- und Stuhlinkontinenz, die sich im Hinblick auf Symptome, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten unterscheiden

  • Harninkontinenzen lassen sich in die Formen Belastungsinkontinenz, Dranginkontinenz, Mischinkontinenz, Überlaufinkontinenz, Reflexinkontinenz und extraurethrale Inkontinenz gliedern

  • Stuhlinkontinenzen unterteilt man in die muskuläre, die neurogene, die konsistenzbedingte und die sensorische Inkontinenz sowie in die Überlaufinkontinenz

  • Alle Formen der Inkontinenz können Betroffene schwer belasten, sind in vielen Fällen aber gut behandelbar, weshalb dringend zu einer ärztlichen Abklärung zu raten ist

  • Inkontinenzmaterialien, die Körperflüssigkeiten aufsaugen oder ableitend wirken, können Betroffene von Inkontinenz bei der Aufrechterhaltung einer guten Lebensqualität unterstützen. Bei Carelingo bieten wir eine große Auswahl an Inkontinenzprodukten an.

In Deutschland sind schätzungsweise 5 bis 6 Millionen Menschen von Inkontinenz betroffen.

Form der Inkontinenz Beschreibung Geschätzte Prävalenz in Deutschland
Belastungsinkontinenz Auslaufen von Urin bei körperlicher Aktivität wie Husten, Niesen oder Sport. 3 Millionen
Dranginkontinenz Ein Drang zur Toilette, der sich nicht kontrollieren lässt, führt oft zu einem Verlust von Urin. 1.5 Millionen
Mischinkontinenz Eine Kombination von Belastungs- und Dranginkontinenz. 0.5 Millionen
Überlaufinkontinenz Konstantes Auslaufen von Urin aus einer überfüllten Blase. Weniger verbreitet

Die Belastungsinkontinenz

Wir starten direkt mit der am weitesten verbreiteten Inkontinenzform: der Belastungsinkontinenz. Sie betrifft vorrangig Frauen, kann aber auch bei Männern vorkommen. Verschaffen wir uns einen Überblick darüber, was diese Form der Inkontinenz kennzeichnet:

Beschwerdebild

Fragt man einen Menschen mit Belastungsinkontinenz nach seinen Symptomen, so wird er von Harnverlust in Verbindung mit körperlicher Aktivität berichten. Bei genauerer Betrachtung kristallisiert sich heraus, dass der Urinabgang vor allem bei körperlichen Belastungen auftritt, die zu einer Erhöhung des Drucks auf den Bauchraum führen. Solche Druckerhöhungen entstehen zum Beispiel beim Lachen, Husten, Niesen, Besteigen von Treppen, Anheben von Dingen oder auch beim Joggen und Hüpfen. Die betroffenen Frauen und Männer bemerken den schwallartigen Verlust kleiner Mengen von Urin in dem Moment, in dem er eintritt, manchmal nicht sofort. Das liegt daran, dass der Urinverlust nicht an Harndrang gekoppelt ist und somit quasi ohne Vorankündigung passiert.

Übrigens: Die Belastungsinkontinenz wird auch als Stressinkontinenz oder Urge Inkontinenz bezeichnet.

Schweregrade

Insgesamt kennen wir drei Schweregrade der Belastungsinkontinenz, die in Abhängigkeit zur Höhe des Drucks, der zum Urinabgang führt, stehen. Lösen lediglich starke Druckerhöhungen, wie sie beim Husten, Niesen und Lachen vorkommen, Harnabgang aus, liegt Schweregrad 1 vor. Bei einer Belastungsinkontinenz des Schweregrads 2 führen bereits weniger druckintensive Tätigkeiten, wie das Hinsetzen, Aufstehen und Gehen, zum Urinverlust, während die Blase dem Druck bei Schweregrad 3 selbst in körperlicher Ruhe, zum Beispiel im Liegen, nachgibt.

Ursachen

Wenn Frauen über Beschwerden, die zu einer Belastungsinkontinenz passen, klagen, wird der Hausarzt oder die Hausärztin als erstes eine Schwangerschaft oder die Wechseljahre als Ursache in Betracht ziehen - je nach Alter der Patientin. Gerade Schwangerschaften und Geburten gelten als typische Ursachen der Stressinkontinenz. Der Hintergrund: Diese Ereignisse setzen den Körper einer nicht zu vernachlässigenden Belastung aus. Sie können den Beckenboden nachhaltig schwächen, was sich wiederum negativ auf die Funktion des Verschlussmechanismus der Harnblase auswirken kann. Denn die Beckenbodenmuskulatur unterstützt genau diesen Mechanismus, was sie bei einer Schwäche nicht mehr ideal tun kann. Dann genügt unter Umständen ein geringer Druck auf die Harnblase dafür, dass Frauen ungewollt etwas Harn verlieren.

Bei Männern steckt ebenfalls der Beckenboden hinter der Belastungsinkontinenz, weshalb sich diese Inkontinenzform beim Mann vorrangig infolge einer Prostata-Operation entwickelt. Die Prostata arbeitet in Sachen Verschluss der Harnblase nämlich vereinfacht gesagt mit dem Beckenboden zusammen. Wird sie nun teilweise oder in Gänze entfernt, kann das die Funktionalität des Blasenschließmuskels in Mitleidenschaft ziehen, und zwar selbst dann, wenn die Operation den Beckenboden, die Harnröhre und den Schließmuskel selbst überhaupt nicht verletzt.

Als weitere mögliche Ursachen und Risikofaktoren für die Urge Inkontinenz sind Übergewicht und eine angeborene Bindegewebsschwäche zu nennen. Außerdem wird die Entstehung der Belastungsinkontinenz von chronischen Verstopfungen und der häufigen Ausführung von Arbeiten, die mit starkem Druck auf den Bauchraum einhergehen, begünstigt.

Therapie

Wie die gängige Behandlung einer Belastungs- beziehungsweise Stressinkontinenz aussieht, liegt auf der Hand: Betroffenen wird ein Training für die Beckenbodenmuskulatur verschrieben. Mit diesem Training, das zu Beginn physiotherapeutisch angeleitet werden sollte, wird der Beckenboden gezielt aufgebaut und gekräftigt, wodurch die Symptome der Inkontinenz nach und nach schwächer werden. Falls der behandelnde Arzt einen Östrogenmangel als Verursacher der Blasenschwäche ausmacht, ist eine Behandlung mit Hormonpräparaten erfolgsversprechend. Zudem können je nach konkreter Ursache der Inkontinenz spezielle Medikamente eingesetzt und Operationen durchgeführt werden.

Die Dranginkontinenz

Von der Nummer 1 der Inkontinenzformen bei der Frau kommen wir ohne Umschweife zu der Form von Blasenschwäche, die Männer besonders oft trifft: der Dranginkontinenz, umgangssprachlich auch unter den Begriffen "überaktive Blase" und "Reizblase" bekannt.

Dranginkontinenz betrifft etwa 17% der Frauen und 16% der Männer über 40 Jahre.

Beschwerdebild

Während Menschen mit Belastungsinkontinenz vor dem Harnabgang zumeist gar keinen Harndrang wahrnehmen, spielt dieses Gefühl bei der Dranginkontinenz eine sehr zentrale Rolle. Betroffene dieser Form der Harninkontinenz spüren mehrmals täglich ganz plötzlich enorm starken Harndrang, den man als imperativen Harndrang bezeichnet. Der Drang baut sich also nicht langsam auf, sondern kommt aus dem Nichts und wird rasch so intensiv, dass es Betroffenen nicht mehr gelingt, den Urin zurückzuhalten. Stehen sie in dem Moment, in dem sie der Harndrang überfällt, nicht zufällig in der Nähe einer Toilette, kommt es sehr wahrscheinlich zu unkontrolliertem Urinverlust, bevor sie ein WC ausfindig machen können. Und das liegt nicht etwa daran, dass Personen mit Dranginkontinenz in kürzester Zeit riesige Mengen Flüssigkeit zu sich nehmen. Im Gegenteil: Der Harndrang kommt auf, obwohl der Füllstand der Blase niedrig ist. Manche Betroffene berichten davon, dass sie der unangenehme Druck auf die Blase selbst nachts regelmäßig aus dem Schlaf reißt, worunter die Schlafqualität selbstverständlich leidet.

Ursachen

Für die Dranginkontinenz beim Mann ist in vielen Fällen eine Vergrößerung der Prostata verantwortlich. Die Prostatavergrößerung kann eine an sich harmlose Alterungserscheinung sein, welche langfristig auch die Überlaufinkontinenz, auf die wir noch zu sprechen kommen, hervorrufen kann. Trotzdem sollte eine vergrößerte Prostata ärztlich begutachtet werden, da es sich potenziell auch um Prostatakrebs handeln könnte. Weitere denkbare Ursachen für die Dranginkontinenz sind Störungen im Hormonhaushalt, Blasensenkungen, Tumore, Blasensteine, Harnwegsinfekte und bestimmte Grunderkrankungen. So tritt die Dranginkontinenz nicht selten verbunden mit Diabetes mellitus oder Erkrankungen des Nervensystems, wie etwa MS oder Parkinson, auf.

Therapie

Damit Dranginkontinenz-Patienten lernen, die Muskeln, die den Abgang von Urin verhindern, zielgerichtet anzuspannen, wird ihnen manchmal Physiotherapie zur Stärkung der Beckenbodenmuskulatur empfohlen. Im Zentrum der Behandlung steht jedoch häufig das Blasentraining, mit dessen Hilfe Frauen und Männer lernen sollen, die Blase nach und nach bei immer höheren Füllständen zu kontrollieren. Hierfür erhalten sie einen speziell auf ihre Situation abgestimmten Trainingsplan. Daneben kann auch eine medikamentöse Therapie oder ein operatives Verfahren im individuellen Fall die beste Möglichkeit zur Behandlung dieser Form der Harninkontinenz sein.

Übrigens: In manchen Fällen rät der Arzt bei vorliegender Dranginkontinenz zu einer sehr speziellen Therapieform, die mit der Stimulation des Tibialisnervs arbeitet.

Die Mischinkontinenz

Strenggenommen ist die Mischinkontinenz keine eigenständige Form von Harninkontinenz, trotzdem möchten wir sie an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen:

Beschwerdebild

Eine Mischinkontinenz ist gegeben, wenn sich das Beschwerdebild aus Dranginkontinenz- und Belastungsinkontinenz-Symptomen bildet. Betroffene, die unter dieser "gemischten Inkontinenz" leiden, haben also sowohl mit Harnverlust bei körperlicher Belastung (Symptom der Belastungsinkontinenz) als auch mit dem für die Dranginkontinenz typischen imperativen Harndrang zu kämpfen. Wie stark die jeweiligen Symptome im Verhältnis zueinander ausgeprägt sind, unterscheidet sich von Patient zu Patient.

Ursachen

Es ist enorm selten, dass Frauen und Männer, die zuvor überhaupt kein Problem mit der Kontrolle der Blase hatten, plötzlich eine Mischinkontinenz entwickeln. Nur im absoluten Ausnahmefall tauchen die Symptome von Drang- und Belastungsinkontinenz gleichzeitig erstmals auf. Normalerweise entwickelt sich zuerst eine herkömmliche Belastungs- oder Dranginkontinenz, die sich dann im Laufe der Zeit um Symptome der jeweils anderen Form erweitert. Ein Beispiel: Eine Frau bekommt in jungen Jahren ein Kind, wovon sich ihr Beckenboden nicht mehr erholt. In der Folge wird sie jahrelang von einer Belastungsinkontinenz begleitet. Als sie schließlich in die Wechseljahre kommt, rufen die hormonellen Veränderungen zusätzlich Beschwerden hervor, die typisch für die Dranginkontinenz sind. In Kombination ergibt sich daraus die Mischinkontinenz.

Therapie

Die Therapie der Inkontinenz-Mischform gestaltet sich besonders individuell, da sich die Beschwerdebilder hier gravierend unterscheiden können. Welche Therapiemaßnahmen vielversprechend sind, hängt davon ab, welche Symptome beim einzelnen Patienten im Vordergrund stehen. Grundsätzlich kommen sämtliche Behandlungsoptionen infrage, die auch bei einer reinen Dranginkontinenz oder Belastungsinkontinenz zur Verfügung stehen.

Die Überlaufinkontinenz

Vor allem bei Männern verbreitet, unterscheidet sich die Überlaufinkontinenz maßgeblich von Stress-, Drang- und Mischinkontinenz:

Beschwerdebild

Personen mit Überlaufinkontinenz haben eine ständig gefüllte Blase und spüren entsprechend fast rund um die Uhr Harndrang. Sie haben nahezu ununterbrochen Druck auf der Blase, der sich durch einen Toilettengang nur für sehr kurze Zeitspannen abmildern lässt, bevor er zurückkehrt. Charakteristisch für diese Form der Harninkontinenz ist ein kontinuierlicher Verlust von Harn "Tröpfchen für Tröpfchen". Häufig ist das Wasserlassen für Betroffene nicht nur problematisch, weil wenig Urin ausgeschieden werden kann, sondern auch aufgrund damit einhergehender Schmerzen.

Ursachen

Anders als bei der Dranginkontinenz täuschen die Gefühle des Harndrangs Patienten mit Überlaufinkontinenz nicht: Ihre Blase ist tatsächlich voll. Das liegt in der großen Mehrheit der Fälle daran, dass der Weg des Urins durch die Harnröhre blockiert ist, wobei man dann von einer obstruktiven Überlaufinkontinenz spricht. Ein Tumor, Blasensteine oder eine vergrößerte Prostata, die auf die Harnröhre drückt, verhindert, dass der Harn ganz normal ausgeschieden werden kann. Dadurch gelingt es Betroffenen nicht mehr, die Blase ausreichend zu entleeren. Sie können nur noch kleine Urinmengen auf der Toilette ablassen, sodass stets Restharn in der Harnblase verbleibt.

Ist die Blase zu voll, läuft sie im wahrsten Sinne des Wortes über, was im unfreiwilligen Urinverlust resultiert. Der Urinverlust ist in diesem Falle jedoch eigentlich eine gute Sache. Denn wenn kein Urin mehr abgehen kann, führt das zu einem Harnstau und damit unter Umständen zügig zu einer Harnvergiftung und Nierenschäden - eine akute Gefahr für Leib und Leben. Bei einer Überlaufinkontinenz kann unter Umständen also schnelles, richtiges Handeln gefragt sein und es führt kein Weg an einer ärztlichen Behandlung vorbei.

Übrigens: Eine andere Form der Überlaufinkontinenz ist die funktionelle Überlaufinkontinenz. Hier ist die Harnröhre eigentlich frei, sodass Urin abgehen könnte, die Muskeln der Blase können sich aber nicht ausreichend zusammenziehen. Grund für den Harnverhalt ist dann eine neurologische Erkrankung oder Nervenschäden, wie sie zum Beispiel bei schlecht eingestellten Diabetes-Patienten bestehen können.

Therapie

Die obstruktive Überlaufinkontinenz wird mit der Entfernung des "Störfaktors", der die Harnröhre oder den Blasenausgang blockiert, behandelt. Bei Patienten mit funktioneller Überlaufinkontinenz zielt die Therapie hingegen auf eine Aktivierung der Blasenmuskulatur ab. Bei beiden Inkontinenzformen können ergänzend Einmal- und Dauerkatheter zum Einsatz kommen, mit denen Betroffene kontrolliert Urin aus der Blase leiten können.

Die Reflexinkontinenz

Die Reflexinkontinenz ist weitaus seltener als alle bisher vorgestellten Inkontinenzformen. Wenn Sie also noch nie von dieser Form der Inkontinenz gehört haben, sind Sie damit sicher nicht allein. Wir haben die wichtigsten Infos kurz und knapp für Sie zusammengefasst:

Beschwerdebild

Die Reflexinkontinenz zeichnet sich durch einen unwillkürlichen Urinverlust aus, der keinem festen Rhythmus folgt, relativ unabhängig vom Blasenfüllstand ist und nicht mit Harndrang einhergeht. Betroffene Männer und Frauen haben keinerlei Möglichkeit, den Urinabgang auf irgendeine Art und Weise zu steuern oder gar zu verhindern. Teilweise nehmen sie überhaupt nicht wahr, dass sie Urin verlieren.

Ursachen

Eine Reflexinkontinenz hängt ursächlich mit Erkrankungen des Nervensystems zusammen. Der Abgang von Harn aus der Blase wird beim gesunden Menschen über Signale in Form von Nervenimpulsen gesteuert. Bei Personen mit Reflexinkontinenz funktioniert die Kommunikation zwischen Gehirn und Blase - sehr simpel ausgedrückt - nicht einwandfrei. Es kann zum Beispiel sein, dass die Impulse falsch ausgesendet oder fehlerhaft übertragen werden. Im Ergebnis kontrahiert die Blasenmuskulatur willkürlich und löst damit die unmittelbare Entleerung der Blase aus.

Übrigens: Beispiele für Krankheiten, die eine Ursache für diese Art der Inkontinenz sein können, sind MS, Alzheimer und Parkinson.

Therapie

Da sich die Blase bei Reflexinkontinenz-Patienten manchmal nicht vollständig entleert, wird die Gefahr eines Harnrückstaus zum Thema. Deshalb gehören Katheter zur gängigen Therapie dieser Inkontinenz. Weiterführend können die Symptome durch Elektrostimulationstherapien, Botox-Injektionen oder einen Blasenschrittmacher verbessert werden.

Die extraurethrale Inkontinenz

Unter den Arten der Inkontinenz ist die extraurethrale Inkontinenz gewissermaßen ein Sonderfall, über den wir natürlich auch informieren möchten:

Beschwerdebild

Genau wie alle Betroffenen einer Harninkontinenz verlieren auch Patienten mit extraurethraler Inkontinenz unfreiwillig Urin. Der Unterschied: Bei ihnen tritt der Urin nicht aus der Harnröhre aus, sondern fließt beispielsweise aus dem After oder der Vagina ab. In Ermangelung eines funktional auf das Einhalten von Urin ausgelegten Verschlusssystems an diesen Stellen, gehen fortlaufend kleine Harnmengen ab - unabhängig von körperlichen Belastungszuständen und selbstverständlich auch dann, wenn die Blase noch nicht ganz gefüllt ist.

Ursachen

Die Ursache einer extraurethralen Inkontinenz ist eine angeborene oder erworbene Fistel. Damit ist eine Art Gang gemeint, der von der Blase, dem Harnleiter oder der Harnröhre wegführt und den Urin sozusagen einen "alternativen Weg" nehmen lässt. Ein großer Teil der Patienten mit extraurethraler Inkontinenz hat diese Fistel von Geburt an, bei anderen hat sie sich durch eine Operation, Geburt, Bestrahlung oder chronische Darmentzündung entwickelt.

Therapie

Um die Kontinenz wiederherzustellen, wird der Fistelgang im Rahmen einer Operation verschlossen. Inwiefern diese Maßnahme im einzelnen Fall umsetzbar ist, hängt von mehreren Faktoren, zum Beispiel vom genauen Verlauf der Fistel, ab.

Schweregrade und Formen der Stuhlinkontinenz

Nachdem wir uns ausführlich mit den verschiedenen Arten der Harninkontinenz beschäftigt haben, wenden wir uns nun der Stuhlinkontinenz zu. Bei Betroffenen dieser Form der Inkontinenz ist das Einhalten von Stuhl das Problem, während die Kontrolle über die Blase nicht zwingend beeinträchtigt ist. Natürlich können Harninkontinenz und Stuhlinkontinenz aber auch zusammen auftreten.

Zuerst sei gesagt: Die Stuhlinkontinenz betrifft deutlich weniger Menschen als die Harninkontinenz, und zwar nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Nichtsdestotrotz ist auch Stuhlinkontinenz keine seltene Problematik und kann betroffene Männer und Frauen schwer belasten. Noch mehr als bei der Harninkontinenz, scheint bei der Stuhlinkontinenz Scham eine riesige Rolle zu spielen. Viele Betroffene sprechen kaum oder gar nicht über ihr Problem und leben in ständiger Angst davor, dass der Verlust von Stuhl auffallen könnte.

Die Stuhlinkontinenz lässt sich in drei Schweregrade einordnen. Schweregrad 1 sieht unkontrollierbare Flatulenzen und den Abgang von Darmschleim vor. Damit Schweregrad 2 festgestellt wird, muss es zu einem unfreiwilligen Verlust von dünnflüssigem Stuhl kommen, während das Absetzen von festem Stuhl noch steuerbar ist. Schweregrad 3 liegt entsprechend vor, wenn auch fester Stuhl nicht mehr kontrolliert eingehalten werden kann. Neben der Einordnung in Schweregrade werden abhängig von der zugrundeliegenden Ursache fünf Arten der Stuhlinkontinenz unterschieden:

Muskuläre Stuhlinkontinenz

Die muskuläre Stuhlinkontinenz tritt auf, wenn der Schließmuskel seiner Aufgabe nicht richtig nachkommen kann. Die Ursache dafür ist eine Beschädigung oder Schwäche des Muskels, zu der es beispielsweise aufgrund einer Operation oder Geburt kommen kann. Eine Schlüsselrolle spielt außerdem der Beckenboden, der nicht nur den sicheren Verschluss der Blase, sondern auch des Anus unterstützt. Eine Beckenbodenschwäche begünstigt demnach die muskuläre Stuhlinkontinenz.

Neurogene Stuhlinkontinenz

Bei der neurogenen Stuhlinkontinenz kommunizieren Gehirn und Darm nicht optimal miteinander. Die Nervenimpulse, die das Gehirn darüber informieren, ob eine Darmentleerung notwendig ist, setzen aus oder werden fälschlicherweise ausgesendet. Folglich entsteht Stuhldrang trotz kaum gefülltem Darm, während ein voller Darm unter Umständen nicht wahrgenommen wird, woraufhin die betroffene Person ungewollt Stuhl verliert. Ähnlich wie bei der Reflexinkontinenz kommen auch hier neurologische Erkrankungen als Ursache infrage.

Konsistenzbedingte Stuhlinkontinenz

Ist der Stuhl zu flüssig, um sicher eingehalten werden zu können, ist die Rede von einer konsistenzbedingten Stuhlinkontinenz. Diese wird vorrangig bei Männern und Frauen mit einer chronisch-entzündlichen Darmkrankheit, welche sich auf die Konsistenz des Stuhls auswirkt, diagnostiziert.

Sensorische Stuhlinkontinenz

Die vierte im Bunde der fünf Inkontinenzformen ist die sensorische Stuhlinkontinenz. Patienten, die darunter leiden, können den Stuhl im Darm nicht spüren, weil die sensorische Wahrnehmung über die Darmschleimhaut gestört ist. Solche Wahrnehmungsstörungen entstehen vor allem nach Operationen im Bereich des Darms, zum Beispiel nach der Entfernung von Hämorrhoiden.

Überlaufinkontinenz

Die Überlaufinkontinenz ist die einzige der Inkontinenzformen, die bei der Stuhl- und Harninkontinenz unter ein und derselben Bezeichnung geführt wird. Sie bildet sich im Verlauf einer lange andauernden Verstopfung, bei der Stuhl im Dickdarm festsitzt, mit der Zeit an Flüssigkeit verliert und sich immer weiter verhärtet. Der einzige Darminhalt, der sich an diesem harten "Stau" vorbeibewegen kann, ist sehr flüssiger Stuhl. Dieser wird dann unkontrollierbar ausgeschieden.

Übrigens: Eine Überlaufinkontinenz ließe sich in so manchem Fall durch das frühzeitige Ergreifen abführender Maßnahmen verhindern.

Der Arztbesuch und seine Wichtigkeit bei unfreiwilligem Stuhl- oder Harnverlust

Alle Inkontinenzformen haben eines gemeinsam: Sie sind für die betroffenen Männer und Frauen belastend, können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen und werden nur allzu oft als Thema wahrgenommen, über das man besser schweigt. Dabei ist es angesichts der Häufigkeit vieler Formen der Inkontinenz überhaupt nicht nötig, sich dafür zu schämen. Dennoch geht die Scham manchmal sogar so weit, dass nicht einmal der behandelnde Arzt eingeweiht wird. Ein großer Fehler, denn gerade der Hausarzt oder die Hausärztin ist ein wichtiger Ansprechpartner für jeden, der Symptome einer Inkontinenz bei sich feststellt.

Nur etwa 1 von 12 Personen mit Inkontinenz sucht medizinische Hilfe.

Unser Rat für Frauen und Männer, die unter Inkontinenz-Beschwerden leiden: Überwinden Sie Ihre Scham und vereinbaren Sie einen Termin beim Arzt Ihres Vertrauens, um Ihre Inkontinenz-Symptome genauer abklären zu lassen. Der Arzt kann bestimmen, welche der Inkontinenzformen genau vorliegt, und davon ausgehend passende Therapieformen vorschlagen. Halten Sie sich vor Augen, dass eine Inkontinenz häufig ausgesprochen gut behandelbar ist. Viele Betroffene haben dank ärztlicher Beratung und einer zur individuellen Ursache passenden Therapie zurück zu mehr Lebensqualität gefunden. Es lohnt sich also, dem Arzt gegenüber offen mit dem Thema Inkontinenz umzugehen!

Inkontinenzmaterial: Eine wertvolle Hilfe bei allen Formen der Inkontinenz

So vielfältig wie die Inkontinenzformen ist auch das Inkontinenzmaterial, das Betroffene bei einer möglichst flexiblen und freien Gestaltung des Lebens mit Inkontinenz unterstützt. Die Produkte, die teils an die individuelle Anatomie von Frauen und Männern angepasst sind, erfüllen unterschiedliche Funktionen. Aufsaugende Inkontinenzartikel bieten Betroffenen aller Inkontinenzformen einen großen Mehrwert, indem sie Stuhl und Urin aufnehmen, Gerüche neutralisieren und Klamotten, Polstermöbel und Bettwäsche vor den Körperausscheidungen schützen. Mit aufsaugenden Materialien, die optimal zur betroffenen Person und deren Inkontinenz passen, ist eine angstfreie Teilhabe an sozialen Unternehmungen und dem ganz normalen Alltagsgeschehen möglich - ohne minütlich an einen potenziellen Stuhl- oder Urinverlust denken zu müssen!

Bei manchen Formen der Inkontinenz ergibt zudem der Einsatz von ableitendem Inkontinenzmaterial Sinn. Dazu zählen mitunter Katheter, wie sie bei Männern und Frauen mit Überlaufinkontinenz oder Reflexinkontinenz Verwendung finden. Inkontinenzprodukte zur Ableitung werden zum Beispiel zur Behandlung eines akuten Harnstaus genutzt, können aber auch dauerhaft zum Einsatz kommen und dann zur maßgeblichen Erleichterung der Pflege einer inkontinenten Person beitragen.

Übrigens: Sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt über die Möglichkeiten, die Inkontinenzmaterial in Ihrem individuellen Fall bietet, verschaffen Sie sich einen Überblick und scheuen Sie sich nicht davor, verschiedene Produkte auszuprobieren.

FAQ

Ist Harninkontinenz oder Stuhlinkontinenz weiter verbreitet?

Die Harninkontinenz ist wesentlich weiter verbreitet als die Stuhlinkontinenz, und zwar sowohl bei der Frau als auch beim Mann.

Wie viele Menschen sind von Inkontinenz betroffen?

In Deutschland sind rund 10 Millionen Menschen von einer Inkontinenz betroffen.

Welche Unterschiede gibt es zwischen den Inkontinenzformen?

Die Inkontinenzformen unterscheiden sich zunächst einmal danach, ob sie sich auf den Verlust von Stuhl oder Urin beziehen. Außerdem gibt es gravierende Unterschiede hinsichtlich der Symptome und Ursachen, der Häufigkeit und des Vorkommens bei Männern und Frauen. Während der Urinverlust bei einer Belastungsinkontinenz, die vorwiegend Frauen betrifft, zum Beispiel an eine Druckerhöhung im Bauchraum geknüpft ist, wird er bei der überwiegend beim Mann diagnostizierten Dranginkontinenz von imperativem Harndrang verursacht.

Wer kann feststellen, welche der Inkontinenzformen vorliegt?

Die betroffene Person selbst kann sich über die typischen Symptome und Ursachen der einzelnen Inkontinenzformen informieren und so bereits Vermutungen darüber anstellen, welche Art der Inkontinenz bei ihr vorliegen könnte. Eine fundierte Diagnose, auf die eine erfolgsversprechende Behandlung aufbauen kann, kann letztlich aber nur ein Arzt stellen.

Kommt Inkontinenz nur im Alter vor?

Ob sich eine Inkontinenz entwickelt, ist keine reine Frage des Alters. Ein fortgeschrittenes Alter erhöht generell zwar die Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine Person inkontinent wird, ist aber bei Weitem nicht die einzige Ursache für Inkontinenz. Neben dem Alter gehören unter anderem Schwangerschaften, Prostatavergrößerungen und verschiedene Grunderkrankungen zu den möglichen Ursachen einer Inkontinenz. Deshalb können durchaus auch junge Menschen - und unter ihnen vor allem Frauen - Symptome einer Inkontinenz aufweisen.

Wie läuft die Diagnosestellung bei Inkontinenz ab?

In der Regel führt der Arzt zuerst eine Anamnese durch und lässt sich das Beschwerdebild genau vom Patienten schildern. Je nachdem, welche Vermutungen anhand der Anamnese aufkommen und welche Ursachen in Betracht gezogen werden, werden im nächsten Schritt unterschiedliche Untersuchungen angesetzt. Möglich sind zum Beispiel Blut- und Urintests oder Ultraschalluntersuchungen. Falls der Hausarzt es für notwendig erachtet, kann er eine Überweisung an einen Facharzt ausstellen, der dann weiterführende Untersuchungen vornimmt.

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