Überlaufinkontinenz - Arten, Ursachen und Behandlungsmaßnahmen

Florian Hagedorn Florian Hagedorn
10 Minuten gelesen

Überlaufinkontinenz - Arten, Ursachen und Behandlungsmaßnahmen

Listen to article
Audio generated by DropInBlog's Blog Voice AI™ may have slight pronunciation nuances. Learn more

Während Frauen besonders oft an einer Belastungsinkontinenz leiden und viele Männer im Laufe ihres Lebens eine Dranginkontinenz entwickeln, ist die Überlaufinkontinenz vergleichsweise selten. Dennoch ist die Belastung für Betroffene auch bei dieser Form von Harninkontinenz nicht zu unterschätzen. Wir nehmen die Überlaufinkontinenz genauer unter die Lupe und beleuchten deren Symptome, die zugrundeliegenden Ursachen und die Möglichkeiten zur Behandlung.

Auf den Punkt gebracht

  • Betroffene einer Überlaufinkontinenz (Überlaufblase) können ihre Blase nicht mehr vollständig entleeren, weshalb der zurückbleibende Restharn unkontrolliert in Tröpfchen abfließt

  • Man unterscheidet zwischen der funktionellen und der obstruktiven Überlaufinkontinenz

  • Die funktionelle Art dieser Inkontinenz geht in den meisten Fällen auf neurologische Erkrankungen zurück, wohingegen die Ursache der obstruktiven Überlaufblase in einem Hindernis in den Harnwegen zu finden ist

  • Zur Behandlung der funktionellen Überlaufinkontinenz kommen Blasentrainings, Medikamente und die Elektrostimulation infrage, während die obstruktive Überlaufinkontinenz oft mit einer Operation behandelt wird

  • Ergänzend zu einer auf die Ursachen abgestimmten Behandlung können Inkontinenz-Patienten auf ableitende und aufsaugende Inkontinenzprodukte zurückgreifen

Symptome: Wie äußert sich eine Überlaufinkontinenz?

Das zentrale Symptom der Überlaufinkontinenz ist - wie bei jeder Inkontinenzform - der unfreiwillige Verlust von Harn. Betroffene können nicht bewusst steuern oder verhindern, ob und wann Urin aus der Harnblase austritt. Bei der Überlaufinkontinenz, die auch unter dem Begriff "Überlaufblase" bekannt ist, geht der Harnverlust darauf zurück, dass die Blase beim Urinieren nicht komplett geleert werden kann. Es verbliebt Restharn in der Harnblase, wobei von einer sogenannten Harnretention die Rede ist. Irgendwann ist das maximale Volumen der Blase ausgeschöpft und sie läuft über, sodass es zum typischen Harntröpfeln (Ischuria paradoxa) kommt. Es geht also eine kleine Harnmenge in Tröpfchen ab.

Der für die Überlaufinkontinenz charakteristische hohe Füllstand der Blase verursacht starken Harndrang. Patienten mit Überlaufinkontinenz haben oft fast ununterbrochen das Gefühl, dringend zur Toilette zu müssen. Auf der Toilette angekommen gelingt ihnen das Absetzen des Harns beim Toilettengang aber nicht oder nur eingeschränkt. Häufig wird auch von Schmerzen beim Wasserlassen berichtet.

Übrigens: Die Überlaufblase tritt deutlich häufiger bei Männern als bei Frauen auf.

Nierenschäden und Harnvergiftung: Die Gefahren der Überlaufinkontinenz

Viele Formen der Inkontinenz sind zwar unangenehm und beeinträchtigen Betroffene in ihrem Alltag, stellen aber keine direkte Gefahr für Leib und Leben dar. Bei der Überlaufinkontinenz kann das durchaus ganz anders aussehen. Das Harnträufeln ist ein Zeichen dafür, dass die Blase ihre maximale Kapazität erreicht hat, und schützt den Patienten für den Moment vor schlimmeren Folgen. Der Urinverlust ist in diesem Fall also eigentlich eine gute Sache.

Richtig gefährlich wird es, wenn er sich stark reduziert oder gar gänzlich aufhört und der Patient auch gewollt keinerlei Urin mehr absetzen kann. Dann besteht die akute Gefahr eines Harnrückstaus, der ein schnelles Handeln erfordert und unbehandelt zu irreversiblen Schäden an den Nieren, zu Nierenbeckenentzündungen und sogar zum Nierenversagen führen kann. Außerdem kann eine lebensgefährliche Harnvergiftung auftreten. Deshalb ist es unerlässlich, die Symptome einer Überlaufinkontinenz ernst zu nehmen und einen Arzt aufzusuchen, wenn die Entleerung der Blase zum Problem wird.

Ursachen der Inkontinenz: Funktionelle und obstruktive Überlaufinkontinenz im Vergleich

Die Überlaufinkontinenz tritt in zwei Arten auf. Diese unterscheiden sich in der Hauptsache nach der jeweiligen Ursache der Überlaufinkontinenz. Eine funktionelle Überlaufinkontinenz wird von einer gestörten oder mangelhaften Blasenfunktion verursacht. Die Blasenmuskulatur, welche die Entleerung der Harnblase ermöglicht, zieht sich nicht mehr oder nicht ausreichend stark zusammen, um die Blase vollständig entleeren zu können. Liegt eine funktionelle Überlaufinkontinenz vor, stehen zumeist neurologische Erkrankungen, wie etwa Parkinson, Multiple Sklerose (MS) oder Alzheimer, dahinter. Ursächlich kann außerdem die Erkrankung Diabetes mellitus sein, welche unter Umständen negative Auswirkungen auf das Nervensystem nach sich ziehen kann. Seltener können bestimmte Beruhigungsmittel als Auslöser der Überlaufblase ausgemacht werden.

Die zweite Form ist die obstruktive Überlaufinkontinenz. Bei ihr kann die Blasenmuskulatur völlig intakt sein und bestens funktionieren. Trotzdem erleben Betroffene die kennzeichnenden Beschwerden, die zur Überlaufblase gehören. Die Ursache ist dann ein Hindernis am Blasenausgang oder der Harnröhre, das verhindert, dass der Urin ausgeschieden werden kann. Der "Übeltäter", der dem Abgang des Urins im Wege steht, ist bei Männern in den meisten Fällen eine vergrößerte Prostata. Eine solche Vergrößerung, wie sie als Teil des Alterungsprozesses öfter auftritt, führt dazu, dass die Vorsteherdrüse Druck auf die Harnröhre ausübt. Je größer der Druck wird, desto mehr verengt sich die Harnröhre und desto schwieriger wird das Ablassen des Harns. Neben der vergrößerten Prostata (einer Prostatavergrößerung) gibt es noch weitere "Abflusshindernisse", die eine Überlaufblase verursachen können, zum Beispiel Tumore Blasensteine und Harnsteine.

Übrigens: Bei Frauen sollte als mögliche Ursache einer Überlaufblase auch eine Gebärmuttersenkung, also wenn die Gebärmutter tiefer nach unten rutscht, in Betracht gezogen werden.

Diagnose und Behandlung: Was tun bei Überlaufinkontinenz?

Sie stellen beim Lesen dieses Artikels fest, dass die beschriebenen Symptome zu den Beschwerden passen, die Sie aktuell erleben? Dann sollten Sie nicht länger zögern und möglichst bald den Arzt oder die Ärztin Ihres Vertrauens kontaktieren. Denn damit sich das Beschwerdebild verbessern kann, brauchen Sie eine richtige Diagnose. Schließlich muss sich eine zielführende Therapie stets nach der genauen Form der Harninkontinenz und nach den zugrundeliegenden Ursachen richten. Selbst wenn Sie sich sicher sind, dass Sie an einer Überlaufblase leiden, ist es zwingend erforderlich, herauszufinden, welche der beiden Formen bei Ihnen vorliegt. Nur so können Sie eine Behandlung erhalten, die Ihnen weiterhilft.

Therapie der funktionellen Überlaufinkontinenz

Da die Entleerung der Blase bei der funktionellen Überlaufinkontinenz an einer Unterfunktion des Blasenmuskels scheitert, setzt die Behandlung für gewöhnlich genau an dieser Stelle an. Patienten können ein spezielles Blasentraining absolvieren, um die Symptome der Blasenentleerungsstörung abzuschwächen, und zusätzlich eine Therapie, die mit elektrischen Impulsen arbeitet, in Anspruch nehmen. Bei der sogenannten Elektrostimulation wird die Blasenmuskulatur elektrisch angesprochen, dadurch aktiviert und in der Folge auf lange Sicht gestärkt. Alternativ oder begleitend können Medikamente eingesetzt werden, welche die Blase in ihrer gewünschten Funktionalität unterstützen und ein kraftvolleres Zusammenziehen fördern.

Ist die funktionelle Überlaufinkontinenz so stark ausgeprägt, dass der Betroffene unter andauerndem Harndrang leidet und kaum noch Wasserlassen kann, oder kommt es zu einem vollkommenen Harnverhalt, wird normalerweise ein Katheter gelegt. Dieses Hilfsmittel sorgt dafür, dass der Urin abfließen kann, lindert den Harndrang und verhindert potenzielle Schädigungen der Nieren.

Übrigens: Je nach genauen Gegebenheiten im Einzelfall ist zudem die Behandlung der Erkrankung, die der Inkontinenz zugrunde liegt, von essentieller Bedeutung. So sollten sich Betroffene mit Diabetes mellitus zum Beispiel unbedingt auch zur Optimierung der diesbezüglichen Therapie an Ihren Arzt wenden, um weitere Nervenschäden und Folgeerkrankungen zu vermeiden.

Therapie der obstruktiven Überlaufinkontinenz

Einem Patienten, der an einer obstruktiven Überlaufinkontinenz leidet, kann mit Behandlungen, die auf die Unterstützung der Blasenfunktion abzielen, nicht geholfen werden. Logisch, schließlich werden seine Probleme mit der Blase durch ein Hindernis am Blasenausgang oder an der Harnröhre verursacht. Das klassische Vorgehen ist folglich die Beseitigung des Hindernisses, wofür Operationen notwendig sein können. Männer mit einer vergrößerten Prostata können sich beispielsweise einer Prostatektomie unterziehen, um wieder beschwerdefrei Wasser lassen zu können. Sobald die Ursachen der Überlaufblase beseitigt wurden, kann die Blase in aller Regel wieder ganz normal entleert werden.

Inkontinenzprodukte ergänzen die Behandlung der Überlaufinkontinenz

Inkontinenzprodukte sind Artikel, die speziell dafür gemacht sind, Menschen im Umgang mit ihrer Inkontinenz zu unterstützen. Denn es steht außer Frage, dass eine Inkontinenz - sei es nun eine Überlaufblase oder eine andere Form von Blasenschwäche - den Alltag in äußerst unschöner Weise mitbestimmen kann. Betroffenen der Überlaufinkontinenz helfen sowohl ableitende als auch aufsaugende Inkontinenzprodukte weiter. Die ableitenden Produkte, zu denen Katheter zählen, ermöglichen ein kontrolliertes Ableiten von Harn aus der Harnblase und werden auch zur Vorbeugung eines Harnrückstaus eingesetzt. Aufsaugende Inkontinenzhilfsmittel sorgen hingegen dafür, dass der in Tröpfchen austretende Restharn die Kleidung oder Bettwäsche nicht verschmutzt und der Inkontinenz-Patient keine Angst vor der Bildung unangenehmer Gerüche haben muss. Solche Produkte, wie etwa Inkontinenz-Pants und Bettschutzvorlagen, saugen den Urin augenblicklich auf und wirken geruchsneutralisierend. Dadurch nehmen sie Betroffenen Frauen und Männern die Sorge vor sichtbaren "Missgeschicken" in der Öffentlichkeit und erleichtern Angehörigen pflegebedürftiger Inkontinenz-Patienten den Pflegealltag.

FAQ

Woher kommt das Harnträufeln bei der Überlaufinkontinenz?

Das Harnträufeln tritt auf, wenn das Entleeren der Blase auf der Toilette nicht mehr ausreichend gut möglich ist. Ursachen dafür können neurologische Krankheiten oder Hindernisse, die den Weg von der Blase über die Harnröhre aus dem Körper hinaus blockieren, sein.

Was ist ein Harnstau?

Befindet sich in den ableitenden Harnwegen, also zum Beispiel am Blasenausgang oder an der Harnröhre, ein Hindernis, das das Ablassen von Urin verhindert, füllt sich die Blase zwangsläufig mehr und mehr, bis ihr maximaler Füllstand erreicht ist. Der Harn staut sich im Harnleiter und es kommt zu einer Druckerhöhung, die die Nieren nachhaltig schädigen kann. Da eine Überlaufinkontinenz je nach Ausprägung und Verlauf zum Harnstau führen kann, ist dringend zu einer Behandlung in Absprache mit dem behandelnden Arzt bzw. der Ärztin zu raten.

Welche anderen Arten von Harninkontinenz gibt es?

Während die Überlaufinkontinenz bei Frauen sehr selten und auch bei Männern nicht allzu weit verbreitet ist, gibt es andere Formen der Harninkontinenz, die weitaus mehr Menschen betreffen. Frauen leiden besonders oft an einer Belastungsinkontinenz, Männer bekommen mit steigendem Alter häufig die Diagnose Dranginkontinenz. Patienten, die Symptome der Belastungs- und der Dranginkontinenz aufweisen, haben eine sogenannte Mischinkontinenz. Daneben gibt es noch die Reflexinkontinenz und die extraurethrale Inkontinenz, die allerdings noch seltener sind als die Überlaufblase.

« Zurück zu Blog